Die Szene in Dublin ist laut, gebildet und derzeit lebendiger als alles, was aus London kommt.
Eine Szene gebaut auf blauen Flecken
Post-Punk ist nicht tot. Er trägt nur Doc Martens, raucht eine nach der anderen vor einem schäbigen Veranstaltungsort in Dublin und zitiert Yeats zwischen den Soundchecks.
Während der Rest der Welt versuchte, dem Punk die Zähne zu polieren, hat Irland sie leise wieder eingeschlagen. Eine Welle neuer Acts – alle kehlig, poetisch und voller Leben – bringt das Genre irgendwohin, das dreckiger, tiefer und viel emotional ehrlicher ist.
Fontaines D.C. — Die Dichter mit Gitarren
Niemand trägt das Banner gerade lauter als Fontaines D.C. Sie haben nicht nur den Sound zurückgebracht – sie haben auch die Absicht zurückgebracht.
Ihre Texte fühlen sich an wie herausgerissene Seiten eines Notizbuchs. Ihre Gitarren klirren mit Dringlichkeit. Alben wie Dogrel und Skinty Fiahaben Post-Punk nicht nur wiederbelebt – sie haben es in etwas seltsam Schönes verwandelt. Man hört die Verzweiflung in Grian Chattens Stimme – aber auch Stolz, Wut und die Art von poetischem Blut, das tiefer färbt als Snare-Schläge.
Neuere Tracks neigen zu Synthesizern und Atmosphäre – aber selbst mit dem Nebel sind die Knochen immer noch Post-Punk. Immer noch Dublin. Immer noch die Fäuste hoch.
Gilla Band — Der Lärm, der dich lebendig frisst
Gilla Band (du erinnerst dich vielleicht an sie als Girl Band) interessieren sich nicht für Nostalgie. Sie haben das Skelett des Post-Punks genommen und in Verzerrung, Verzögerung und ausgewachsene Panikattacken ertränkt.
Ihre Musik klingt wie eine Fabrik, die mitten in der Schicht zusammenbricht. Es ist industriell, chaotisch und absichtlich unangenehm. Aber in ihrem Chaos gibt es eine seltsame Katharsis – wie wenn man in ein Kissen schreit und es endlich zurückschreit.
Sie sind die Art Band, die einen Raum leert – und ihn dann mit Leuten füllt, die es verstehen.
The Murder Capital — Brutale, schöne Ehrlichkeit
Wenn Fontaines D.C. die Dichter und Gilla Band die Chaos-Händler sind, dann sind The Murder Capital das emotionale Herzstück der Szene.
Ihr Debüt When I Have Fears war ein düsteres, von Trauer geprägtes Meisterwerk. Sparse Arrangements. Basslines, die gehen, als würden sie etwas Schweres tragen. Texte, die nicht zurückschrecken, wenn es schwer wird, die nächste Zeile zu sagen.
Ihrem Nachfolger brachte mehr Farbe, mehr Groove, aber der Schmerz verschwand nie. Sie haben keine Angst vor Schönheit. Oder Stille. Oder so zu singen, als würde es wirklich etwas kosten.
Und dann sind da noch alle anderen
Dublins Post-Punk-Energie beschränkt sich nicht auf die großen Namen. Bands wie Sprints, Silverbacks und The Clockworks kreisen die Szene wie hungrige Wölfe. Rohe Stimmen. Knurrende Gitarren. Texte über Klasse, Identität, Burnout – alles, worüber das Genre einst schrie, bevor es aufgeräumt wurde.
Hier gibt es eine Rauheit. Eine Weigerung, nett zu spielen. Ein Gefühl, dass dies kein Revival ist — es ist eine Reaktion. Auf Perfektion. Auf Kapitalismus. Auf Auslöschung.
Warum Dublin? Warum jetzt?
Es liegt in der DNA. Vielleicht ist es die komplizierte Geschichte des Landes mit Stille und Scham. Vielleicht ist es die Poesie, die in die Kultur eingebaut ist. Vielleicht ist es einfach, dass der Rest der Welt zu weich geworden ist.
Wie auch immer, Dublins Bands lassen den Post-Punk wieder dringend erscheinen. Weniger Ästhetik, mehr Aktion. Weniger Eyeliner, mehr Zähne.
Hör auf zurückzuschauen – schau nach Westen
Während Großbritannien mit polierten Revivals herumfummelt und New York versucht, sich an den Geruch von CBGB zu erinnern, lebt Irland in der Gegenwart weiter – wütend, chaotisch, wunderschön. Dies ist Post-Punk mit einem Kater und einem Groll.
Es kommt nicht zurück. Es war nie weg. Es ist einfach nach Dublin gezogen – und es bittet nicht um Erlaubnis.
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